19. Sonntag im Jahreskreis - C

18. August 2013

Evangelium nach Lukas (12,35-40)

Gedanken zum Evangelium

„Fürchte dich nicht, du kleine Herde!“ Sind diese Worte von Jesus nicht brennend aktuell?

Als der Evangelist Lukas diese Worte in sein Evangelium aufnahm, war seine Gemeinde tatsächlich eine kleine Herde, eine winzige Minderheit in einer Gesellschaft, die ganz anders dachte, ganz andere Wertmaßstäbe setzte. Die Christen damals, am Ende des 1. Jh. haben sich manches Mal gefragt: „Jesus wollte das Reich Gottes bringen – wo ist es denn? Wo ist etwas davon zu spüren? Wir sind wenige. Wir haben keinen Einfluss. Die Welt um uns herum nimmt uns nicht zur Kenntnis. Bestenfalls lacht sie über uns. Was können wir schon bewegen?“ Und da sagt Lukas ihnen zum Trost und zur Ermutigung dieses Jesuswort weiter: „Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben.“

„Fürchte dich nicht, du kleine Herde!“ Sagt Jesus das nicht auch zu uns? Es sieht danach aus, dass wir hier Europa als Christen immer mehr eine kleine Minderheit werden. Glaube, Religion, Kirche, sind immer weniger gefragt. Christliche Werte werden einfach nicht mehr zur Kenntnis genommen. Gesellschaftlich hat der christliche Glaube immer weniger Einfluss. Was haben wir als Kirche noch zu bedeuten? Glaubenskrise, Kirchenkrise! Das eine beeinflusst das andere. Die Folgen sind: Zu wenig Priester. Pfarren müssen zusammengelegt werden. Aber es gibt auch immer weniger praktizierende Christen. Es fehlen die jungen Familien in unseren Gemeinden, es fehlen die Kinder und die Jugendlichen, es fehlen die jungen Erwachsenen. Ein Veralterungsprozess. Wie wird es in Zukunft weitergehen? Hier in der Großfeldsiedlung ist die Anzahl der Menschen ohne regliöses Bekenntnis schon größer als die Anzahl der Christen. Das hat auch zur Folge, dass es für die Kirche immer weniger Einnahmen gibt, dass es in Zukunft auch immer weniger hauptamtlich Angestellte für die pastorale Arbeit geben kann, dass auch Kirchen geschlossen werden müssen... Es gibt Anlass zur Sorge!

Aber diesem Klage- und Jammerlied können wir auch einiges gegenüberstellen. In unseren Pfarrgemeinden gibt es trotzdem Christen, die nach wie vor bereit sind, sich zu engagieren. In den vielen Jahrhunderten der Kirchengeschichte gab es noch nie so viele, die ehrenamtlich aktiv sind. Und wie viele Christen und Christinnen versuchen nicht aus der Kraft des Evangeliums schwere persönliche Krisen und Schläge zu meistern, oft in aller Stille. Wie viele christliche Eheleute halten einander nicht über Krisen und unglaubliche Schwierigkeiten hinweg die Treue (denn das gibt es doch auch!). Christen engagieren sich für andere, ganz persönlich, für pflegebedürftige Angehörige, und das aus ihrem Glauben heraus. Wie viele jüngere Leute und junge Erwachsene und Eltern engagieren sich nicht in der Erstkommunion – oder Firmkatechese oder in anderen Bereichen im Pfarrleben…

Wenn ich das alles betrachte, dann kann ich doch in das große Klagelied vom „Niedergang der Kirche“ nicht mehr einstimmen. Der Blick zurück in die lange Geschichte der Kirche zeigt, dass es in ihrem Leben immer wieder Krisensituationen gab, die überwunden wurden. Jesus hat zu einer ganz kleinen Gruppe von Männern und Frauen gesagt: „Geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern“ (Mt 28,19) Und sie haben es gemacht!

„Fürchte dich nicht, du kleine Herde!“ , sagt Jesus zu uns. Tragt das Evangelium in die Welt, lebt es, anziehend und gewinnend! Wir können nichts Besseres tun, als ganz selbstverständlich und mit Selbstbewusstsein (aber ohne Überheblichkeit!) unseren Glauben zu leben. Wir können nichts Besseres tun, als Gemeinde zu sein, Gottesdienst zu feiern, und so in einer scheinbar ungläubigen Welt, ein Zeichen zu sein, das auf Gott verweist.

„Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung der Welt.“ Das ist seine Zusage. Warum sollten wir Angst haben? Als Christen sind wir dazu berufen - jede und jeder nach ihren und seinen Möglichkeiten -, zum Werden des Reiches Gottes im Hier und Jetzt beizutragen.

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